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SERVUS...

07. Juni 2009
Fünfzehn Jahre ist es her, seit wir dich zum ersten Mal gesehen haben. Du warst jung, fesche eineinhalb Jahre alt und hast uns mit deiner knallroten Farbe angestrahlt. Es war für uns alle Liebe auf den ersten Blick! Bald danach hast du zu unserer Familie gehört. Wo wir waren, warst auch du. Fast immer. Jeder mochte dich. Jeder kannte dich. Wir hatten dich ja auch besonders schön heraus geputzt. Rundherum mit Teufeln verziert. Oma nähte Vorhänge für dich und deine Sitze bekamen rot-weiße Überzüge mit großen FCK-Wappen.Dein Boden wurde mit FCK-Vorlegern ausgestattet. Hinten verwöhnten ein Kühlschrank und ein Tisch all die vielen Mitfahrer. Frikadellen und Kartoffelsalat wurden verzehrt, Apfelschorle und Bier getrunken. Ein kleines Fernsehgerät sowie ein Radio mit Kassettendeck sorgten für Unterhaltung. Viele Leute hast du im Lauf der Zeit befördert. Und alle fühlten sich bei dir wohl, selbst bei noch so langen Fahrten. Sogar Spielern des 1. FCK hast du im Schweizer Trainingslager als Taxi vom und zum Trainingsplatz gedient. Manche mussten laufen, weil schon alle Plätze besetzt waren. Marco Reich zum Beispiel: „Du bist noch jung, du kannst laufen!“ Nur Trainer Rehhagel durfte von all dem nichts wissen – als er vorbei ging, versteckten sich die Profis geschickt hinter der „Bild am Sonntag“! Zwei Größen des 1. FCK haben sich sogar auf den Sonnenblenden verewigt: Tschechiens Nationalspieler Pavel Kuka und Europameister Stefan Kuntz! Mit Torhüter Andy Reinke kam das Gespräch immer sogleich auf dich: „Na mein „Bussi-Freund“, läuft er noch?“ Sogar der Hund von Thomas Riedl fühlte sich bei dir wohl. Nur unsere Katze konnte sich nicht so ganz mit dir anfreunden. Vielleicht ist sie dazu nur etwas zu spät zu uns gestoßen..FOTO links: Der noch jugendiche “Betze-Bus” von außen zusammen mit Stefanie, Bettina und Norbert Thines.FOTO rechts: …und von innen.Mehr als einmal haben dich Funk- und Fernsehleute bestaunt, beschrieben und gefilmt. Unerkannt durch die Lande kutschieren – für uns ein Ding der Unmöglichkeit. Überall hat jeder sofort gewusst, wer da kommt. Und dir war immer egal, was wir alles in dich hinein verfrachtet haben: Eine sperrig schwere Musikbox transportierten wir mit dir oder 20 Kisten Getränke. Mehrere Fahrräder, Skiausrüstungen oder viele Koffer bei Urlaubsreisen – alles kein Problem. Einparken so leicht wie mit einem Spielzeugauto. Klare Konturen, gute Übersicht und einfache Handhabung zeichneten dich aus. Jetzt stehst du kurz vor deinem 16. Geburtstag und bist schon mehr als 258.000 Kilometer gelaufen. Nie hast du uns geärgert oder im Stich gelassen. Wir konnten uns immer hundertprozentig auf dich verlassen. Viele Menschen sind mit dir gefahren, haben dich bestaunt und manche sogar geglaubt, du wärst der Mannschaftsbus oder das Fanmobil.Jetzt bist du also in die Jahre gekommen. Schweren Herzens haben wir uns entschlossen, ein Angebot des Staates anzunehmen und dich gegen ein Neufahrzeug auszutauschen. Glaub uns: Leicht fiel uns diese Entscheidung nicht. Die reine Vernunft sprach jedoch dafür. Und mal ehrlich: Hätten wir dich schimpfen sollen, wenn deine Pumpe mal nicht mehr mitgemacht hätte?So werden wir dich in bester Erinnerung behalten. Deswegen geben wir dich frei. Kein anderer soll dich je besitzen. Denn wir sind sicher – du wirst nochmals ganz wichtig. Vielleicht zu Schrauben oder zu Blech für neue Autos verarbeitet.Etwas von dir neben den vielen schönen Erinnerungen werden wir jedenfalls behalten: Die beiden signierten Sonnenblenden bekommen einen Ehrenplatz und werden uns alle Zeiten an dich erinnern. Jeder der sie sieht, wird gerne an dich zurückdenken.Wir sagen dir zum Abschied noch ein ganz einfaches Wort. Ein Wort für ungemein schöne Jahre – mit dir, unserem „Betze-Bus“: DANKE!(von Helga Huber)FOTOS: Die beiden signierten Sonnenblenden.